Wie finde ich eine gute Hundeschule?

Das Dilemma mit Hundetrainer*innen (Ein Gastbeitrag von Samaria Wicki)

In Deutschland ist der Begriff „Hundetrainer“ nicht geschützt. Theoretisch kann sich jeder oder jede so nennen, denen danach ist. Auch gibt es keine Ausbildungsstandards oder sonstige einheitliche Richtlinien, die über das Tierschutzgesetz hinaus einen gewissen Standard gewährleisten würden. Und selbst die Einhaltung des Tierschutzgesetzes kann je nach zulassendem Veterinäramt so oder so definiert werden. Das ist für Menschen, die Unterstützung für sich und ihren Hund suchen natürlich eine Katastrophe und nicht wenige werden durch die enorme Bandbreite des Angebots stark verunsichert:

Was ist denn nun richtig?

Und wie kann ich Unterstützung finden, die meinen Werten und meinen Idealen im Umgang mit Lebewesen folgt?

Woran kann ich erkennen, wie eine Hundeschule mit den Hunden und den dazugehörigen Menschen arbeitet? 

Das sind durchaus schwer zu beantwortende Fragen auf die es oft keine befriedigenden Antworten gibt. Das liegt vor allem daran, dass es unterschiedliche Wissenschaftszweige gibt, die sich mit dem Hund und seinem Lernverhalten befassen. Je nach Hundetrainerausbildung liegt der Fokus auf einem anderen Wissenschaftszweig und sorgt damit auch für andere Herangehensweisen im Hundetraining. Deswegen möchte ich jetzt hier gar nicht so sehr darauf eingehen, was es für verschiedene Möglichkeiten gibt. Ich möchte einen Leitfaden generieren, der dabei helfen soll, eine Hundeschule zu finden, die bedürfnisorientiert für Mensch und Hund arbeitet und deren Lernform die positive Verstärkung ist. Dieser Leitfaden soll also dabei helfen, subtile Hinweise, die darauf hindeuten, dass der Umgang doch nicht so wertschätzend wie angepriesen ist, zu entlarven und Sicherheit in der Einschätzung von Hundeschulen zu geben.

Wenn du eine Hundeschule suchst, die so weit wie möglich über positive Verstärkung mit den Hunden arbeitet und generell auf Gewalteinwirkung gegenüber dem Hund verzichtet, lohnt es sich als allererstes, die Umkreissuchen von Trainieren statt Dominieren und dem IBH zu konsultieren und zu gucken, wer da in nächster Nähe im Verzeichnis zu finden ist. Gibt es da niemanden oder die gefundene Person ist ständig ausgebucht, kann man zunächst bei diesen Personen nachfragen, ob sie eine Alternative empfehlen könnten, die den Kriterien entspricht und nicht in den Verzeichnissen drin ist. Auch auf Facebook kann in der Gruppe „Trainieren statt Dominieren“ nachgefragt werden, ob gute Trainer*innen in der Umgebung bekannt sind. In der Regel sind Trainer*innen, die über positive Verstärkung arbeiten, sehr gut vernetzt und es findet sich über diesen Weg fast immer jemand Passendes.

Gelingt dies aus irgendeinem Grund nicht, so müssen die übrigen Hundeschulen genauer betrachtet werden. Dabei gibt es einige Red Flags, die dir sofort sagen, dass du diese Hundeschule lieber nicht konsultieren solltest:

  • Die Hundeschule bewirbt sich damit, dass sie ohne Konditionierung und nur mit Kommunikation arbeite. Das ist nicht möglich. Konditionierung passiert immer und überall. Ob man jetzt will oder nicht. Die Wirksamkeit dieser Lerngesetze wurde mehrfach durch voneinander unabhängige Studien belegt und ist damit evident. Man kann einen Hund nicht nicht konditionieren. In der Regel sind solche Formulierungen ein Synonym für: „Wir arbeiten extrem körpersprachlich mit den Hunden und zwingen sie durch unseren Körper in die richtigen Bahnen.“
  • Die Hundeschule wirbt damit, dass sie ohne Futter und ohne „Bestechung“ arbeitet. Erstens ist Futter nicht per se eine Bestechung. Die Art der Verabreichung macht daraus eine Bestechung. Futter ist ein extrem guter Motivator für Hunde und eignet sich hervorragend als Belohnung. Nur weil man mit Futter arbeitet, heißt das noch lange nicht, dass dies die einzige Belohnung für den Hund ist. Bedürfnisorientiertes Belohnen richtet sich nach den Bedürfnissen des Hundes. Wenn dieser Futter möchte, bekommt er Futter, wenn er spielen möchte, bekommt er Spiel, und so weiter (die Liste der bedürfnisorientierten Belohnungen ist vielfältig!). Dies geschieht natürlich immer im Rahmen der Möglichkeiten. Ein Belohnungsmittel pauschal abzuwerten zeugt in der Regel von einem veralteten Verständnis von Hundetraining.
  • Die Hundeschule legt ihre Ausbildungsstätte nicht offen und es gibt auch keine Anzeichen dafür, dass die Person Weiterbildungen besucht, um eine anhaltende Qualität ihrer Hundeschule zu garantieren. Wir wissen noch recht wenig über Hunde. Zumal es immer wieder passiert, dass Erkenntnisse komplett neu geschrieben werden, weil wir eben noch so wenig wissen. Deswegen ist es unerlässlich, dass sich Hundetrainer*innen kontinuierlich weiterbilden und ihr Training stets neuen wissenschaftlichen Erkenntnissen anpassen. Wie lange jemand schon mit Hunden lebt oder arbeitet, ist noch kein skalierbares Kriterium für Kompetenz. 
  • Die Hundeschule gibt an, sofort und schnell Probleme beim Hund zu beseitigen. Training und Lernen braucht Zeit. Es ist absolut unrealistisch, dass es ein Sofortrezept für jeden Hund gibt. Guter Trainer*innen werden die individuellen Bedürfnisse und Ansprüche des Hundes ansprechen und nicht darauf pochen, dass ein Problem innerhalb kürzester Zeit behoben wird: Dies kann auf massive körperliche Strafe und Einschüchterung des Hundes hindeuten und hat nichts mit solidem, nachhaltigem Hundetraining zu tun.
  • Vertraue nicht auf Worte wie „gewaltfrei“, „ohne Strafe“ oder „bedürfnisorientiert“. Jeder wird „gewaltfrei“ genau so weit definieren, dass er selbst gerade noch „gewaltfrei“ arbeitet. Generell kann vom Text auf einer Homepage oft nur schwer darauf geschlossen werden, wie eine Hundeschule tatsächlich arbeitet. Deswegen sollte man sich jede Hundeschule zunächst ohne Hund in Ruhe angucken dürfen. Alternativ kannst du zunächst ein Erstgespräch buchen und dir dabei ein Bild machen, wie die Person arbeitet. 
  • Eine gute Hundeschule wird deinen Hund nicht extra provozieren, damit dieser das unerwünschte Verhalten zeigt, an dem du arbeiten möchtest. Gute Trainer*innen wissen genau, wie Aggressionsverhalten aussieht und sie wissen auch, dass das für den Hund jedes Mal Stress bedeutet und dass der dazugehörige Mensch darunter sehr leidet. Gutes Hundetraining lässt den Hund auch nicht extra auslösen. Gutes Hundetraining setzt DAVOR an und hilft dir, das unerwünschte Verhalten gar nicht erst entstehen zu lassen. Damit keine Missverständnisse entstehen: Natürlich ist es sinnvoll und hilfreich, Ansätze des Problems zu zeigen – aber das genügt bereits, um relevante Informationen zu erhalten. 
  • Falls du mit deinem Hund eine Welpenstunde besuchst und ihr dazu angehalten werdet, eure Hunde zu ignorieren, wenn diese bei euch Schutz suchen, ist dies als No-Go zu deuten. Ihr seid die Bezugsperson eures Hundes und es ist vollkommen in Ordnung, wenn euer Hund noch unsicher ist und Schutz sucht. Ihr verstärkt damit nicht die Unsicherheit. Im Gegenteil: ihr leistet Social Support und seid für euren Hund da. Das ist euer Job als Hundebesitzer*innen.
  • Schreibt euch die Hundeschule vor, dass ihr euren Hund ausschließlich am Halsband führen dürft oder die Hundeschule behauptet, dass Hunde nur am Halsband Leinenführigkeit lernen könnten, ist dies als falsches Wissen und Unwahrheit zu deuten. Jeder Hund kann Leinenführigkeit lernen. Ob am Halsband oder am Geschirr spielt dabei für den Lernprozess keine Rolle!
  • Behauptet eine Hundeschule, euer Hund kontrolliere euch, indem er die Pfote auf euren Fuß stelle oder vor euch laufe, so ist dies als veraltetes Wissen zu deuten und hat nichts mit modernem Hundetraining zu tun. Auch wenn euer Hund als „dominant“, „stur“ oder „frech“ eingestuft wird, ist dies ein Warnzeichen. Moderne Hundetrainer*innen werden diese Begriffe nicht verwenden, da sie keine Information über die Ursache eines Verhaltens liefern. 
  • Wenn eine Hundeschule behauptet, ihr müsstet euch als „Rudelchef“ etablieren und einfach „selbstbewusster“ auftreten, hat dies nichts mit modernem Hundetraining zu tun, denn Hunde bilden keine Rudel und schon gar nicht artübergreifend mit dem Menschen. Auch Komfortverhalten wie auf der Couch liegen oder im Bett schlafen haben keinen Einfluss darauf, wie sich euer Hund euch oder anderen Hunden gegenüber verhält. Ihr müsst auch nicht eure Stellung dem Hund gegenüber behaupten, denn all diese Maßnahmen lösen nie das wirkliche Problem eueres Hundes und deckeln maximal das unerwünschte Verhalten. Lernen tut der Hund dabei aber nur, dass sein Mensch doof zu ihm ist.
  • Hundetraining muss Spaß machen! Wenn ihr euch unwohl fühlt, sich euer Hund gegen Übungen sträubt und ihr ständig Dinge tut, die ihr eigentlich so nicht wirklich tun wollt, dann stimmt da etwas nicht. Unser Bauchgefühl signalisiert uns einen inneren Konflikt und das sollten wir unbedingt ernst nehmen. Wenn ihr sehr unsicher seid, meldet euch doch einfach mal bei einer anderen Hundeschule, die ein positives Siegel trägt und guckt euch an, wie da gearbeitet wird.

Eine passende Hundeschule zu finden, ist gar nicht so leicht. Es ist auch vollkommen okay, wenn man mal die Hundeschule wechselt, weil man mit der leitenden Person nicht so zurecht kommt. Das ist vollkommen normal. Dennoch ist es mir wichtig anzumerken, dass ein ständiger Wechsel der Hundeschule dem Hund nicht gut tut. Dies geschieht oft, wenn Training nicht schnell genug fruchtet, der Mensch keine Geduld hat oder vollkommen falsche Erwartungen an die Trainingsmöglichkeiten und das Zusammenleben mit Hund stellt. Konsistenz ist für unseren Hund enorm wichtig. Wir sollten uns also genau überlegen, was ein Methodenwechsel für unseren Hund bedeutet und wir sollten uns immer im Klaren sein, dass bei einem Methodenwechsel zunächst viel Unsicherheit beim Hund besteht, weil wir plötzlich alles anders machen. Nett anders zwar, aber eben doch anders. Es kann durchaus vorkommen, dass man bei einem Methodenwechsel zunächst vermehrtes unerwünschtes Verhalten erlebt, da der Hund erst die neuen Rahmenbedingungen kennenlernen und erfahren muss. Lernen braucht Zeit. Gebt eurem Hund nach einem Methodenwechsel genug Zeit und seid geduldig. Veränderungen brauchen Zeit und irgendwann wird der Moment kommen, an dem ihr feststellt, dass euer Hund gerade eine Situation gemeistert hat, die früher so nicht möglich gewesen wäre. Bleibt dran und scheut euch nicht davor, in schwierigen Trainingsphasen etwas mehr Unterstützung durch eure Hundeschule zu erbitten.

Hast du noch Fragen oder suchst du Unterstützung? Dann schreibe uns eine Email: Kontakt 

Hundeschule, Hundetraining, Positive Verstärkung

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